Sonntag, April 18, 2010

Der Besucher

"Einige Monate vor meiner Geburt traf mein Vater einen Fremden, der vor einiger Zeit in unserer Stadt aufgetaucht war. Am Anfang war mein Vater total fasziniert von dem Fremden, der so viele Geschichten zu erzählen hatte und nach einiger Zeit lud er ihn ein, bei uns zu Hause zu wohnen.
Der Fremde nahm die Einladung dankbar an und hieß mich herzlich willkommen, als ich geboren wurde.


Während ich aufwuchs, wunderte ich mich nie über seine Anwesenheit.
Meine Mutter lehrte mich, das Wort Gottes zu lieben und mein Vater brachte mir Gehorsam der Bibel gegenüber bei. Aber es war unser Gast, der mir immer die neuesten Geschichten erzählte.
Er kannte alle spannenden Geschichten der ganzen Welt. Abenteuer, Geheimnisse und Komödien waren unsere täglichen Unterhaltungen. Er zog die Aufmerksamkeit unserer ganzen Familie auf sich. Mit ihm zusammen sah ich, -gemeinsam mit meinem Vater und meinem Bruder-, zum ersten Mal ein Spiel unserer Fußballnationalmannschaft. Er ermutigte uns ständig, die neuesten Filme anzuschauen und manchmal schaffte er es sogar, uns die verschiedenen Schauspieler und Darsteller vorzustellen.
Der Fremde hörte niemals auf zu reden. Meinen Vater störte das nicht, nur meine Mutter verließ ab und zu schweigend den Raum, ging in ihr Zimmer, las in der Bibel oder betete, während der Rest der Familie weiterhin dem Fremden und seinen Geschichten zuhörte.

Heute glaube ich, dass das Gebet meiner Mutter sogar so weit ging, dass der Fremde wieder unser Haus verlassen sollte.

Interessant war, dass mein Vater die Familie mit bestimmten moralischen und sittlichen Überzeugungen lenkte und leitete, aber der Fremde fühlte sich anscheinend nicht an diese Vorstellungen meines Vaters gebunden.
Es war uns zu Hause zum Beispiel nicht erlaubt, Schimpfwörter zu benutzen, weder uns Kindern noch anderen Erwachsenen, aber unser Gast benutzte von Zeit zu Zeit Kraftausdrücke, so dass wir als Kinder rote Ohren bekamen.
Aber, wenigstens soweit ich weiß, konfrontierte mein Vater den Fremden nie mit seinem Verhalten. Mein Vater selber trank keinen Alkohol und erlaubte selbstverständlich auch uns Kindern nicht den Genuss von alkoholischen Getränken, aber der Fremde bot uns oft Bier und andere alkoholischen Getränke an. Auch machte er uns die Zigaretten sehr vertraut und schmackhaft. Und oft redete er so freizügig über Sex, dass wir als Kinder beschämt zu Boden schauten.

Heute weiß ich, dass meine Vorstellungen über Partnerschaft zwischen Mann und Frau entscheidend von unserem Gast mitbestimmt wurden, rückblickend glaube ich, dass nur die Gnade Gottes mich davon abhielt, mehr von ihm beeinflusst zu werden. Ein ums andere Mal forderte er die moralischen Werte meines Vaters heraus und stellte sie in Frage, aber er wurde nie gebeten, unser Haus zu verlassen.

Seid dieser Zeit sind mehr als 30 Jahre vergangen, dass dieser Fremde in unser Haus eingezogen ist. und sogar noch heute, wenn ich meine Eltern besuche, ist er dort und wartet darauf, irgendjemandem seine Geschichten zu erzählen.



.... Bevor Sie nun den letzten Satz lesen, nehmen Sie sich doch mal ein bisschen Zeit um zu überlegen. Was würden Sie mit solch einem Gast machen? ....



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Wie er heißt? Wir reden ihn nur mit seinen Initialien an.........TV,
aber eigentlich heißt er Fernseher."

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

soso ;)
Kinder lasst den Fernseher aus :P

Finds ein bisschen übertrieben ;)